WW-R-1: Wassernutzungsindex

Im Sommer kann es zu Spitzen der Trinkwassernutzung im Haushalt kommen, regional unterschiedlich.zum Vergrößern anklicken
Trotz rückläufiger Wassernutzung kann es bei längeren Dürreperioden zu Wasserknappheit kommen.
Quelle: bai / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

Wassernutzung weiter zurückgegangen

Die Trockenheit der Jahre 2018 bis 2020 und 2022 zeigt, dass man sich auch in Deutschland deutlich intensiver mit den Herausforderungen eines saisonal und regional reduzierten Wasserdargebots auseinandersetzen muss. Im langjährigen Mittel der Jahre 1961–1990 galten rund 188 Mrd. Kubikmeter Grund- und Oberflächenwasser als potenziell verfügbare Wasserressourcen, das Mittel der Jahre 1991–2020 liegt mit rund 176 Mrd. Kubikmeter niedriger.
Bei längeren und häufiger auftretenden Trockenheitsphasen und Niedrigwasserperioden kann es infolge eines reduzierten Wasserdargebots zu regionalen Nutzungskonflikten bei oberirdischen Gewässern und Grundwasserentnahmen (beispielsweise zu Zwecken der Bewässerung in Landwirtschaft und Gartenbau) kommen. Betroffen sind vor allem die zentralen Teile Ostdeutschlands, das nordostdeutsche Tiefland und das südostdeutsche Becken, die ungünstige klimatische Wasserbilanzen aufweisen, das heißt, in denen es vergleichsweise wenig regnet, aber aufgrund hoher Sommertemperaturen viel Wasser verdunstet.
Der Wassernutzungsindex liefert einen ersten Anhaltspunkt, ob die Nutzung der Wasserressourcen in Deutschland nachhaltig ist oder Wasserknappheit entsteht. Als nachhaltig gelten Wasserentnahmen dann, wenn sie die Marke von 20 % des verfügbaren Wasserdargebots nicht überschreiten. Die 20 %-Schwelle ist dabei ein international gültiger Orientierungswert. Übersteigt die Wassernutzung diese Marke, gilt dies als Zeichen von Wasserstress. Ab 40 % wird von starkem Wasserstress ausgegangen. Zur Überschreitung der Marke kann es sowohl in Folge einer verstärkten Wasserentnahme als auch aufgrund einer Verknappung des natürlichen Wasserdargebots kommen. Für die Berechnung des Indikators wird die öffentliche und nichtöffentliche Wassergewinnung als Wassernutzung eines Jahres dem langjährigen ⁠Wasserdargebot⁠ gegenübergestellt.

Die Punkt-Grafik zeigt die Entwicklung des Wassernutzungsindex als Prozentanteil der Wassernutzung am Wasserdargebot  von 1991 bis 2016. Zusätzlich ist die Schwelle der nachhaltigen Wassernutzung mit 20 Prozent in der Grafik markiert. Der Wassernutzungsindex unterschritt erstmals im Jahr 2004 diese Schwelle. Die Zeitreihe zeigt einen signifikant sinkenden Trend.
WW-R-1: Wassernutzungsindex

Die Wassernutzung ist in den vergangenen 30 Jahren signifikant zurückgegangen. Im Jahr 2007 unterschritt sie erstmalig den als kritisch bewerteten Wassernutzungsindex von 20 %. Das bedeutet, dass nicht mehr als 20 % des potenziellen Wasserdargebots genutzt werden. Allerdings gibt es deutliche regionale Unterschiede. Der Klimawandel stellt die Wasserversorger vor neue Herausforderungen, um beispielsweise saisonale Spitzenverbräuche decken zu können.

Quelle: UBA (basierend auf Daten des StBA zur Wassergewinnung und der Bundesanstalt für Gewässerkunde zum Wasserdangebot)

Durch einen Rückgang sowohl der gewerblichen als auch der privaten Wassernutzung in Deutschland wird diese 20 %-Schwelle seit dem Jahr 2004 unterschritten. Insgesamt sind die Werte des Wassernutzungsindex seit 1991 signifikant rückläufig. Das Maß der Wassernutzung kann also nach den international gültigen Orientierungswerten als nachhaltig angesehen werden. Zu dem deutlichen Rückgang haben vor allem die Energieerzeuger sowie die Industrie- und Bergbauunternehmen beigetragen, die mit mehr als 70 % den überwiegenden Teil der Wassernutzung ausmachen. Da die Kühlwasserentnahmen durch Kraftwerke zur Energiegewinnung den größten Teil gewerblicher Wassernutzungen ausmachen, hatten Effizienzverbesserungen durch Mehrfach- beziehungsweise Kreislaufnutzungen in diesem Bereich zumindest bis zum Jahr 2007 besonders positive Auswirkungen auf die Bilanz. Mit der Stilllegung der letzten Kernkraftwerke nach dem befristeten Streckbetrieb im April 2023 dürften sich die Kühlwasserentnahmen durch Kraftwerke weiter reduzieren.

Auch die Wassernutzung in privaten Haushalten und im Kleingewerbe konnte seit 1991 von 144 Liter pro Person und Tag auf 123 Liter pro Person und Tag im Jahr 2016 deutlich reduziert werden. Danach stieg der Verbrauch allerdings wieder leicht an auf 128 Liter im Jahr 2019. Aktuellere Zahlen stehen nicht zur Verfügung. Es gibt allerdings Hinweise, dass sich in den Jahren 2020 und 2021 die Folgen der Covid-19-Pandemie auch in der Wassernutzung niedergeschlagen haben, da die privaten Haushalte durch Homeoffice und Homeschooling, ausgefallene Reisen und gestiegene Hygieneansprüche mehr Wasser benötigten. Hinzu kommt ein weiterer Trend, der zu privaten Mehrverbräuchen von Wasser vor allem in Zeiten führt, in denen Wasser ohnehin knapper ist: Private Schwimmbecken und Pools erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Diese Becken haben in der Regel ein großes Fassungsvermögen und das Wasser wird womöglich mehrmals in der Saison gewechselt. Eine Abschätzung auf der Grundlage einer Befragung unter rund tausend repräsentativ ausgewählten Personen in Hamburg hat ergeben, dass auf die Poolnutzung in den Hamburger Haushalten während der Sommermonate bis zu 6 % des gesamten jährlichen Trinkwasserverbrauchs der Hansestadt entfallen. Dies sind relevante Größenordnungen. Verbrauchsspitzen der Trinkwassernutzung können in den Sommermonaten zudem durch die Bewässerung von Gärten entstehen.
Der bisher als ⁠Indikator⁠ genutzte Wassernutzungsindex ist nur bedingt geeignet, den Anpassungsbedarf und die Anpassungsaktivitäten in der Wasserwirtschaft abzubilden. Die Betrachtung der bundesweiten Situation lässt die deutlichen regionalen Unterschiede innerhalb Deutschlands außer Acht. So kann die Wasserbilanz künftig infolge des Klimawandels durch die weitere Abnahme der Sommerniederschläge und eine erhöhte ⁠Verdunstung⁠ unter anderem im Osten Deutschlands noch ungünstiger werden, und die Wasserverfügbarkeit könnte in diesem Raum zurückgehen. Außerdem unterliegt die erneuerbare Wasserressource für Einzeljahre starken Schwankungen und kann das dem Indikator zugrunde gelegte langjährige Mittel deutlich unterschreiten. Gleichzeitig kann es während längerer Hitzeperioden zumindest zeitlich begrenzt zu einer erhöhten Wassernachfrage kommen.
Die insgesamt rückläufige Wassernutzung einerseits und die klimainduziert höheren Spitzenverbräuche andererseits sowie die unterschiedliche regionale Verteilung von Wasserressourcen und Wassernachfrage stellen die Wasserversorger vor neue Herausforderungen. Vor allem Versorger im ländlichen Raum und in Mittelgebirgsregionen, die stark dezentrale und von Niederschlägen abhängige Versorgungsstrukturen (wie gemeindliche Brunnen) haben, können bei längeren Dürreperioden in Bedrängnis geraten. Bei zentraler und auf Fernwasserleitungen basierender Versorgung ließen sich hingegen lokale oder regionale und temporäre Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit und -nachfrage bisher weitestgehend ausgleichen. Auch bei mehreren aufeinanderfolgenden Jahren mit anhaltender ⁠Dürre⁠ muss die Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung gesichert sein. Bewusstes Wassersparen ist vor diesem Hintergrund weiterhin wichtig. Wer Wasser spart, spart zudem Energie, denn nicht nur Warmwasser, auch die Wasserbereitstellung und -aufbereitung verbrauchen Energie.

 

Schnittstellen

WW-I-2 Grundwasserstand und Quellschüttung

LW-R-6 Landwirtschaftliche Bewässerung

IG-R-1 Wahrnehmung der Relevanz physischer Klimarisiken in Industrie und Gewerbe

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