UBA und Normung

Normung ist wichtig für den Umweltschutz. Deshalb beteiligt sich das UBA auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene an der Normungsarbeit. Dabei geht es insbesondere um die Konkretisierung und den Vollzug des Umweltrechts, aber auch um Produktnormen und Umweltmanagementnormen.

Inhaltsverzeichnis

 

Schwerpunkte und Ziele des Umweltbundesamtes bei der Gestaltung von Normen

Normung ist ein wichtiges Instrument für die Umweltpolitik. Das UBA  beteiligt sich an der Normungsarbeit und verfolgt damit mehrere Ziele:

  • Der Umwelt- und Gesundheitsschutz muss einen höheren Stellenwert in der Normung bekommen, und – wie die Wirtschaftlichkeit technischer Systeme – ein integraler Bestandteil technischen Handelns werden.
  • Normen, die das Umweltrecht konkretisieren.
  • Der hohe Standard des Umwelt- und Gesundheitsschutzes ist im EU-Binnenmarkt zu sichern und weiter auszubauen.

Grundlage für die Zusammenarbeit mit den nationalen, europäischen und internationalen Normungsgremien ist der Kooperationsvertrag (Normenvertrag) von 1975 zwischen dem DIN Deutsches Institut für Normung e.V. und der Bundesrepublik Deutschland.

Damit Normen entstehen, die umsetzbar sind, wirken etwa 100 Fachleute des Umweltbundesamtes in nationalen und internationalen Normenausschüssen mit. Das ⁠UBA⁠ ist besonders in solchen Gremien vertreten, die die Normen zur Konkretisierung und für den Vollzug des Umweltrechts erarbeiten. Andere Schwerpunkte unserer Tätigkeiten sind Normen, die Produktanforderungen festlegen, sowie medienübergreifende Umweltmanagementnormen.

Das Bundesumweltministerium unterstützt die Normungsarbeit finanziell und fördert das DIN jährlich mit etwa 3,5 Millionen Euro. Bis heute sind unter direkter Beteiligung des UBA mehrere hundert Normen mit positiven Wirkungen auf die Umweltqualität entstanden.

In den Jahren 2017 bis 2019 hat das UBA in einem Forschungsprojekt die eigene Normungsbeteiligung und die finanzielle Förderung durch das ⁠BMU⁠ genauer untersuchen lassen. Dazu wurden auch aktuelle Entwicklungen in der Normungslandschaft analysiert, drei Fallbeispiele erarbeitet, sowie fast 100 Interviews durchgeführt und ausgewertet. Die Ergebnisse wurden in Form eines Abschlussberichtes veröffentlicht und sollen für die zukünftige strategische Ausrichtung der eigenen Normungsarbeit genutzt werden.

 

Produktnormen

Produkte beeinflussen die Umwelt während ihres gesamten Lebensweges, das heißt von der Rohstoffgewinnung, über die Herstellung, bis hin zur Entsorgung. Die Produktnormen sollen Umweltaspekte berücksichtigen und beziehen so die Umwelterfordernisse frühzeitig in den Herstellungsprozess mit ein. Damit können Normen einen wichtigen Beitrag für nachhaltige Produktions- und Konsummuster leisten.

Die Umwelt- und Gesundheitsanforderungen in Produktnormen werden durch den Normenvertrag nicht explizit festgelegt. Verglichen mit den Mess- und Prüfverfahren ist es bei den Produkten erheblich schwieriger, Umwelt- und Gesundheitsanforderungen mit technischen und ökonomischen Interessen zu vereinen. Der Vertrag bietet aber Spielraum für Interpretationen, denn die Umwelt- und Gesundheitsbelange sind Teil des öffentlichen Interesses und das ist durch den Normenvertrag gesichert.

Um den Belangen des Umweltschutzes mehr Gewicht zu verschaffen, haben das ⁠BMU⁠ und das DIN Ende der achtziger Jahre die Koordinierungsstelle Umweltschutz (KU) beim DIN ins Leben gerufen, die zu großen Teilen durch das BMU finanziert wird. Die KU arbeitet seit über 25 Jahren auf der Grundlage der Vereinbarung zwischen BMU und DIN (Töpfervertrag). In dieser Zeit hat sich die Normungsarbeit erheblich geändert. Beispielsweise sind der Umweltschutz und besonders auch Nachhaltigkeitsstrategien mittlerweile zu Querschnittsaufgaben geworden. BMU und ⁠UBA⁠ nehmen die Normungsarbeit heute viel stärker als wichtige Teile der Umweltpolitik wahr und wirken in vielen relevanten Gremien mit. Weiterhin findet Normung heute hauptsächlich im europäischen Rahmen statt, weil die Europäische Kommission in der Normung ein wesentliches Instrument für die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes sieht.

Die Europäische Gemeinschaft hat sich im Amsterdamer Vertrag das Ziel gesetzt, die nachhaltige Entwicklung in Europa voranzubringen. Die europäische Normungsorganisation CEN und CENELEC und die EU-Kommission räumen der Berücksichtigung von Umweltaspekten in den Normen grundsätzlich einen hohen Stellenwert ein. Ganz aktuell wurde eine neue EU-Verordnung zum Thema Normung veröffentlicht.

 

Kooperationspartner in der Normung

Die Koordinierungsstelle Umweltschutz (KU) des DIN ist zuständig für die Vertretung der Umweltbelange in der Normung. Im Rahmen einer 2009 durchgeführten Evaluation wurde – insbesondere vor dem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen – geprüft , ob das Aufgabenprofil der KU in seiner derzeitigen Form geeignet ist, um auch zukünftig erfolgreich arbeiten und die Umweltbelange effektiv in der Normung vertreten zu können. Das Ergebnis der Evaluation war, dass sich die Koordinierungsstelle im Hinblick auf die künftige Arbeit verändern muss. Die Umstrukturierung ist inzwischen abgeschlossen. ⁠UBA⁠ und ⁠BMU⁠ haben die Entwicklung der KU kontinuierlich begleitet und arbeiten hier auch weiterhin eng mit dem DIN zusammen.

Ein konkretes Ergebnis der Umstrukturierung ist, dass die DIN-KU sogenannte Themenschwerpunkte gründet, um zu bestimmten umweltrelevanten Themen Expertinnen und Experten zusammen zu bringen, die dann an konkreten Themen im Bereich der Normung arbeiten. So laufen seit einiger Zeit zum Beispiel Arbeiten zu den Themen „Ressourcenschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“.

Wichtige umweltrelevante Aspekte der Normung deckt der Normenausschuss „Grundlagen des Umweltschutzes“ (NAGUS) ab. Das Koordinierungsbüro Normung der Umweltverbände (KNU) organisiert und koordiniert die Tätigkeiten der Umweltverbände in der Normung. Sowohl die DIN-KU als auch der NAGUS und das KNU werden von BMU/UBA mit finanziert. Auf europäischer Ebene besteht Kontakt zur Environmental Coalition on Standards (ECOS), sozusagen dem europäischen Pendant des KNU.

 

Umweltmanagementnormen

Umweltmanagementnormen dienen dem Umweltschutz in Betrieben und Unternehmen. Diese übergreifenden Normen führen zu einer integrierten Betrachtung von Waren und Dienstleistungen und tragen so zu einer Vertiefung des Umweltbewusstseins und Stärkung des Umweltverhaltens in den Produktionsbereichen bei. Dabei werden der gesamte Lebensweg der Produkte und alle Umweltmedien beachtet. Hervorzuheben ist DIN EN ISO 14001, die zentraler Bestandteil des europäischen Umweltmanagementsystems ⁠EMAS⁠ (Eco Management and Audit Scheme) ist. Das ⁠UBA⁠ war die erste EMAS-registrierte und ISO-14001-zertifizierte Bundesbehörde und auf dem Gebiet des Umweltmanagements ein Impulsgeber für die internationale Normung. Wir setzen uns dafür ein, dass das hohe Niveau Deutschlands innerhalb der EU aber auch weltweit berücksichtigt wird.

Inzwischen sind weltweit über 320.000 Unternehmen und Organisationen (8.000 davon in Deutschland) gemäß den Anforderungen der DIN EN ISO 14001 extern zertifiziert worden.

Eine weitere wichtige Umweltmanagementnorm ist die DIN EN ISO 50001 „Energiemanagementsysteme“. Das Energiemanagementsystem soll Organisationen und Unternehmen ermöglichen, Systeme und Prozesse aufzubauen, die zur Verbesserung ihrer energiebezogenen Leistung erforderlich sind.

Weltweit sind über 12.000 Unternehmen gemäß den Anforderungen dieser Energiemanagementnorm extern zertifiziert worden.

 

Normung von Mess- und Analyseverfahren als Instrument des Umweltrechts

Normen helfen, Rechts- und Verwaltungsvorschriften von technischen Details zu entlasten. In Gesetzen oder bei der Rechtsanwendung im Einzelfall kann auf festgelegte Messverfahren verwiesen werden, um materielle Anforderungen wie Grenzwerte oder Umweltqualitätsvorgaben konkret anzugeben. Erst standardisierte Messverfahren ermöglichen vergleichbare Aussagen über die Umweltqualität oder die Umweltwirkungen von Produkten und Verfahren. Diese Messverfahren können auch als Norm festgelegt werden.

Mit dieser Vorgehensweise schafft das Umweltrecht Rechtssicherheit. Indem es die Anforderungen der Rechtsvorschriften und die Mess- und Prüfverfahren untrennbar miteinander verbindet, werden die Ergebnisse reproduzierbar und gerichtlich prüfbar. Erst durch den Bezug miteinander werden die Normen gültig. Denn technische Normen sind zunächst Festlegungen ohne unmittelbar rechtlich verbindliche Geltung, das heißt, ihre Anwendung ist in der Regel freiwillig.

Ohne Normen wären die Abwasserverordnung des Wasserhaushaltsgesetzes, das Abwasserabgabengesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, der Boden- und Trinkwasserschutz, die EG-Klärschlammrichtlinie, die EG-⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ und Rechtsvorschriften zum Lärmschutz nicht funktionsfähig.

Im Bereich des Wasserrechts traten zum 1. März 2010 gesetzliche Neuregelungen in Kraft. 2009 wurde das Umweltrecht bundesweit vereinheitlicht und vereinfacht, ohne das hohe Niveau im Umwelt- und Naturschutz zu senken. Die Möglichkeit dazu ergab sich aus der Föderalismusreform vom September 2006.  Erstmals konnte der Bund das Naturschutz- und Wasserrecht in eigener Regie umfassend regeln. Zuvor gab es hier nur eine Rahmenkompetenz des Bundes, die ergänzende Regelungen der Länder erforderte.

Daraus begründet sich ein hohes Interesse des Bundes an einheitlichen, validierten und für den Vollzug geeigneten Analysenverfahren. Schwerpunkt der abwasserrechtlichen Regelungen ist der § 57 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Die Anforderungen an die Abwassereinleitungen über den einzuhaltenden Stand der Technik enthält die Abwasserverordnung (AbwV) mit 56 Anhängen (jeweils ein Anhang pro Branche) für etwa 220.000 Abwassereinleiter. Die noch zulässigen Restemissionen in das Gewässer werden anhand der Parameter „Schadstofffracht“, „Schadstoffkonzentration“ oder „Wirkung“ begrenzt. Die Emissionshöhe wird in der Form eines Grenzwertes vergeben. Zu jedem Grenzwert gehört untrennbar ein Analysenverfahren, das den Parameter operational, also verfahrensbedingt definiert. Dieses Verfahren, festgeschrieben in einer Norm, ist Bestandteil der Rechtsetzung durch Hinweis auf die Norm. Dies sorgt für eine hohe Rechtssicherheit bei der Anwendung der Abwasserverordnung. Die Beschränkung der Einleitungen hat in Deutschland zur deutlichen Verbesserung der ⁠Gewässergüte⁠ geführt wie ein Vergleich der Gewässergütekarten vergangener Jahre zeigt.

Die Normung der Referenzanalysenverfahren ist notwendige Voraussetzung für die Rechtsetzung und ständige Konkretisierung des Wasserrechts auf nationaler und EU-Ebene. Auf der nationalen, europäischen und internationalen Normungsebene gibt es ein weit verzweigtes Normungsinstrumentarium auf dem Gebiet der Wasserbeschaffenheit. Die paritätische Besetzung der Normungsgremien (Behörden, Industrie, Hochschulen) stellt eine breite Beteiligung aller Betroffenen sicher. Der fachliche und indirekte finanzielle Beitrag dieser Gruppen (Arbeitszeit, Laborkapazität) ist erheblich, inzwischen sind mehr als 100 deutsche Normen nahezu wortidentisch International (ISO) und europaweit (EN) übernommen worden - eine beachtliche Vereinheitlichung bei der Parameterdefinition. Das ⁠UBA⁠ ist seit 1986 wesentlich an der Mitgestaltung der Anforderungen zur Abwasseruntersuchung durch nationale, europäische und internationale Normen beteiligt.

 

25 Jahre Töpfervertrag

Am 15. September 2017 haben ⁠BMU⁠, ⁠UBA⁠ und DIN gemeinsam in Berlin eine Festveranstaltung zu 25 Jahren Töpfervertrag durchgeführt. Der sogenannte Töpfervertrag ist eine Vereinbarung zwischen dem BMU und dem DIN zur besseren Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Normung. Nach Grußworten der drei genannten Institutionen und der Umweltverbände hielt der ehemalige Umweltminister Professor Dr. Klaus Töpfer einen interessanten und pointierten Vortrag mit dem Titel „Normung — zentrale Aufgaben in der Umsetzung der 2030-Agenda“. Anschließend gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema „25 Jahre Umweltschutz & Normung — Rückblick & Herausforderungen der Zukunft“. Während der Veranstaltung wurde deutlich, dass den beteiligten Organisationen und Institutionen der Stellenwert der Normung für den Umweltschutz bewusst ist. Man konnte auf gemeinsam Erreichtes zurückblicken, allerdings wurden auch weitergehende Entwicklungen für die Zukunft angesprochen.