Qualitative Szenarien

Qualitative Szenarien sind ein wichtiges Instrument der Zukunftsforschung für die Politikberatung. Sie bilden nicht ab, was sein wird, sondern, was sein könnte. Dabei ist es nicht das Ziel, die Zukunft vorauszusagen, sondern alternative Möglichkeiten vorauszudenken, um so bessere Entscheidungen treffen zu können.

Umfeld- und Strategieszenarien

Die wachsende Komplexität und Ungewissheit durch globale und nationale Entwicklungen stellen die strategische und politische Planung stets vor neue Herausforderungen. Denn nicht immer liegen diese in unserem unmittelbaren Einflussbereich. Eine detaillierte Situationsanalyse sowie ausgefeilte quantitative Prognosesysteme greifen hier häufig zu kurz.

Viele Entwicklungen entziehen sich dem direkten Einfluss der (politischen) Akteure, haben aber einen sehr konkreten Einfluss auf die Wahl und Wirksamkeit von Strategien. Diese Entwicklungen werden mit sogenannten Umfeldszenarien analysiert. Hier werden Veränderungen in Politikumfeldern (wie zum Beispiel in Wirtschaft, Technologie, sozialen Dynamiken oder globalen Umfeldern) vorausgedacht.

Das Ausloten der Handlungsoptionen findet in so genannten Strategieszenarien statt. Hier werden systematisch die eigenen Handlungsoptionen identifiziert, strukturiert und geplant. Methodisch werden diese auch als Lenkungs- oder Lösungsszenarien bezeichnet. Die verschiedenen Lösungsräume können dann im Lichte der verschiedenen Umfeldszenarien betrachtet werden. Folgende Vorteile und Nutzen ergeben sich aus der Arbeit mit Szenarien (Umfeld- und Strategien):

  • In Optionen denken: Die Zukunft ergibt sich nicht aus der linearen Extrapolation des „Heute“. Szenarien decken eine Bandbreite an denkbaren Entwicklungen ab. Gleiches gilt für die Strategien: Es gibt nicht nur die eine Strategie sondern eine Reihe an Optionen. Diese können  auf ihre Zielerreichung und Robustheit gegenüber den künftigen Entwicklungen geprüft werden.
  • Blinden Flecken aufdecken: Häufig sind gerade die Szenarien wichtig, die nicht als Basis der eigenen Strategien genutzt werden. Sie beschreiben die „weißen Flecken“ der eigenen Strategiesicht. Zusätzlich weisen sie auf kritische Indikatoren hin, die es zu beobachten gilt, um auf Veränderungen vorbereitet zu sein.
  • Orientierungswissen generieren: Nicht alle Ergebnisse einer ⁠Szenario⁠-Entwicklung müssen zu sofortigen Entscheidungen führen. Häufig ebenso wertvoll ist ein „Denken auf Vorrat“, das für die Zukunft schnellere und flexiblere Entscheidungen ermöglicht. Zudem entstehen in Szenario-Prozessen intensive persönliche Kontakte über Organisationsstrukturen hinweg, die häufig langfristig sehr erfolgreich genutzt werden können.
  • Strukturierte Diskussions-Prozesse schaffen: Die Zeit, die in eine gemeinsame Diskussion von zukunftsrelevanten Themen investiert wird, ist häufig zu gering. Ein Grund liegt darin, dass die Erfahrungen mit nicht zielgerichteten Diskussionen oftmals eher negativ sind. Im Gegensatz dazu enthält der systematische Prozess der Szenario-Entwicklung verschiedene Diskussionsforen und führt zu einem gemeinsamen Ergebnis.
  • Wissen verknüpfen: Das relevante Wissen über Politiken, Sektoren und Umfeldfaktoren ist in der Regel in Organisationen vorhanden. Allerdings ist das Wissen eher verstreut und es gibt bei den verschiedenen Akteuren verschiedene Deutungsmuster und auch Positionen. Szenarien schaffen hier eine gemeinsame Plattform und Sprache und fördern einen kooperativen Austausch.
  • Horizont der handelnden Personen erweitern: Durch die Formulierung fundamental verschiedener zukünftiger Zustände kann Bewusstsein für Unsicherheiten, Chancen und Risiken der Umwelt geschaffen werden. Die mentalen Modelle der handelnden Personen können verändert werden, indem man diesen ihre subjektive Sicht der Welt bewusst macht.
  • Harte und weiche Fakten verbinden: traditionelle Prognoseverfahren konzentrieren sich zumeist auf harte Daten und ignorieren schwerer messbare Faktoren, wie beispielsweise gesellschaftliche Werte oder Konsumhaltung, welche jedoch ebenso entscheidend für den Erfolg sein können. Die Bildung von Szenarien schafft die Möglichkeit, beide Arten von Einflüssen zu kombinieren.

 

 

Erstellung von Szenarien

Die ⁠Szenario⁠-Erstellung läuft idealtypisch in vier Phasen ab:

  1. Analyse: In der ersten Phase wird das zu betrachtende System definiert und analysiert und die wichtigsten Einflussfaktoren (Deskriptoren) identifiziert, die die Bezugsgröße beeinflussen.
  2. Prognose⁠: In der zweiten Phase werden zu den Einflussfaktoren, auf Grundlage von Hintergrund- und Trendrecherchen sowie Expertenwissen, jeweils alternative Entwicklungen beschrieben.
  3. Synthese: In der dritten Phase werden die alternativen Entwicklungen der einzelnen Schlüsselfaktoren zu konsistenten und plausiblen Rohszenarien zusammen gestellt. Hierbei können verschiedene Methoden angewendet werden (zum Beispiel CIB, Konsistenzprüfung, morphologischer Kasten)
  4. Transfer: Die vierte Phase besteht in der Ausarbeitung der ausgewählten Rohszenarien sowie der Auswertung und Interpretation.

Es gibt viele Definitionen und Variationen von Techniken der Szenario-Erstellung. Je nach Anwendungsfall und Fragestellung wird der Fokus stärker auf normative Ansätze gelegt werden können (zum Beispiel Visionsbildung oder Leitbildentwicklung). Das ⁠UBA⁠ hat in einem Ufoplan-Vorhaben „Szenarien für eine integrierte Nachhaltigkeitspolitik – am Beispiel: Die nachhaltige Stadt 2030“ entwickelt. Derzeit arbeiten wir außerdem an dem Ufoplan-Vorhaben: „Nachhaltiges Deutschland 2030 bis 2050 – Wie wollen wir in Zukunft leben?“.

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