Das Geräuschmesslabor des Umweltbundesamtes

Akustische Messung eines Intercity Expresseszum Vergrößern anklicken
Schienenverkehrslärm belästigt 34 Prozent der Deutschen gemäß der Umweltbewusstseinsstudie 2020.
Quelle: Jan Gebhardt / UBA

Lärm ist ein gravierendes Umweltproblem. Zur Weiterentwicklung der Regelwerke zum Schutz vor Lärm und für die Erforschung neuer Geräuschquellen, wie zum Beispiel Drohnen, betreibt das Umweltbundesamt ein modernes Geräuschmesslabor. Zentraler Bestandteil des Labors ist ein Freifeld-Schallmessraum, in dem Geräusche mit Präzisionsmikrofonen ohne Störungen und Reflexionen gemessen und bewertet werden.

Inhaltsverzeichnis

Im Geräuschmesslabor des Umweltbundesamtes werden folgende wissenschaftliche Fragestellungen untersucht:

  • Wie sollen Haushalts- und Gartengeräte gemessen werden, um vergleichbare und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen?
  • Reichen die vorhandenen Kenngrößen und Messverfahren für die Beurteilung der vielfältigen Geräuschsituationen aus?
  • Werden die aktuellen Standards der Lärmminderungstechnik bei Produkten umgesetzt?
  • Wie wirken sich Änderungen in den geltenen Rechtsvorschriften, zum Beispiel im Verkehrslärm, aus?
  • Wie werden die verschiedenen Lärmarten von Menschen wahrgenommen? Welcher Lärm ist besonders störend?

Mit den Messergebnissen werden die bestehenden Rechtsvorschriften und Normen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm weiterentwickelt. Für das Umweltzeichen "Der Blaue Engel" werden zudem Geräuschanforderungen für lärmarme Produkte abgeleitet.

 

Akustische Messtechnik

Für die Duchführung der Geräuschmessungen, sowohl im Labor, als auch bei Außenmessungen, ist das Geräuschmesslabor mit hochwertiger aktustischer Messtechnik ausgestattet, wovon ein Teil nachfolgend vorgestellt wird.

Mehrkanal-Messsystem

Das Mehrkanalsystem des Umweltbundesamtes ermöglicht Messungen mit bis zu 12 Präzisionsmikrofonen und einem zwölfkanaligen Eingangsmodul zur gleichzeitigen Erfassung der Schalldruckpegel, beispielsweise auf einer Hüllkurve in einem reflexionsarmen Raum. Mittels der auf der Hüllkurve gemessenen Schalldruckpegel wird der Schallleistungspegel einer Quelle berechnet. Die spektrale Geräuschzusammensetzung und die zeitliche Veränderung des Signals werden erfasst.

Aber auch für die Erfassung und den Vergleich von verschiedenen akustischen Gegebenheiten (zum Beispiel unterschiedlichen Mikrofonpositionen und -höhen) bei Feldmessungen werden häufig mehrere Mikrofonkanäle benötigt und hierfür ein akustisches Mehrkanalsystem-Messsystem eingesetzt.

Aufbau von 12 Mikrofonen zur akustischen Messung einer Drohne
Mit dem Mehrkanal-Messsystem können bis zu 12 Mikrofonkanäle gleichzeitig gemessen werden
Quelle: Julia Treichel / UBA
 

Akustische Kamera

Eine Akustische Kamera ist ein bildgebendes Messverfahren zur Analyse von Geräuschquellen. Durch die Auswertung der Laufzeitunterschiede der Schallwellen zwischen der Geräuschquelle und den Mikrofonen des Messsystems lassen sich Geräuschquellen optisch lokalisieren und Rückschlüsse auf die spektrale Zusammensetzung des Geräusches ableiten. Mit einer Akustischen Kamera können also alle Teilschallquellen von Objekten dargestellt und diese anschließend zielgerichtet lärmgemindert werden.

Das Umweltbundesamt betreibt sowohl ein Ringarray mit 48 Mikrofonen zur Untersuchung von kleinen und mittelgroßen Objekten, wie zum Beispiel Garten- und Elektrogeräte, als auch ein Stararray. Das Stararray hat ebenfalls 48 Mikrofone, welche sternförmig angeordnet sind, und wird für die Geräuschanalyse von großen, starren oder beweglichen Objekten, Beispiel Windenergieanlagen oder Züge, verwendet. Der entscheidende Unterschied dieser beiden Messsysteme liegt in der Geometrie. Während das Ringarray einen Durchmesser von nur ca. 1 m aufweist, hat das Stararray einen Durchmesser von ca. 3,5 m.

Aufbau einer akustischen Kamera zur Messung eines Omnibusses
Mit einer akustischen Kamera können Lärmquellen grafisch dargestellt werden
Quelle: Jan Gebhardt / UBA
 

Dauermessstation

Für die Anlayse mancher Geräuschquellen sind Langzeitmessungen notwendig, um die zeitlichen Veränderungen der Geräusche zu erfassen. Dies kann zum Beispiel bei der Untersuchung der Geräuschbelastung durch Straßen- oder Schienenverkehr erforderlich sein, da sich die Verkehrsmengen und damit in der Regel auch der Beurteilungspegel im zeitlichen Verlauf eines Tages verändert. Durch die kontinuierliche Erfassung von Immissionspegeln ist es möglich, einen Dauerschallpegel zu ermitteln. Da eine dauerhafte Betreuung solch einer Messung durch Fachpersonal zu aufwendig wäre, besitzt das Umweltbundesamt eine Dauermessstelle. Hiermit können autonom kontinuierliche Langzeitmessungen (⁠Monitoring⁠) durchgeführt und die Messergebisse mit ⁠Wetter⁠- und Radardaten verschnitten werden. Somit können unterschiedlichste Geräuschquellen erfasst, akustische Kennwerte gespeichert, analysiert und automatisch übermittelt werden.

Aufbau der Dauermessstation mit Wetterstation am Rande eines Feldes
Die Dauermessstation des UBA ermöglicht akustische Messungen über einen längeren Zeitraum
Quelle: Steffen Körper / UBA
 

Handschallpegelmessgeräte

Viele normgerechte Messungen, zum Beispiel in der Bauakustik, benötigen keinen umfangreichen Messaufbau. Die einfachste und effizienteste Lösung ist bei solchen Messungen der Einsatz eines Handschallpegelmessgerätes. Diese sind portabel und handlich sowie in der Regel unkompliziert im Einsatz. Zudem ist es mit Handschallpegelmessgeräten möglich, ohne nennenswerten Aufwand eine akustische Messung durchzuführen und einen ersten messtechnischen Eindruck von einer Lärmquelle zu erhalten. Moderne, leistungsfähige Handschallpegelmessgeräte, wie sie das Umweltbundesamt in Betrieb hat, bieten unter anderem zudem die Möglichkeit einer Ausgabe eines Pegel-Zeit- und Pegel-Frequenz-Verlaufs sowie des Schalldruckpegelwertes mit unterschiedlichen Frequenzbewertungen (zum Beispiel A-, C- oder Z-Bewertung) während einer Messung.

Das Umweltbundesamt besitzt zudem ein Handschallpegelmessgerät mit welchem binaurale Messungen mittels spezieller Kopfhörer durchgeführt werden können. Somit wird der natürliche Höreindruck des Menschen aufgezeichnet. Mit diesem Messsystem sind neben Aufnahme und Auswertung von Schalldruckpegeln auch psychoakustische Untersuchungen möglich, die der Erfassung der Wahrnehmung einer Schallquelle durch das menschliche Gehör dienen (siehe auch Lärmwirkungen).

Ein vorbeifahrender Omnibus wird mittels Handschallpegelmessgerät akustisch gemessen
Mit Hilfe eines Handschallpegelmessgerätes sind schnelle und unkomplizierte Messungen möglich
Quelle: Jan Gebhardt / UBA
 

Dodekaeder

Ein Dodekaeder ist ein Lautsprechersystem ohne ausgeprägte Richtcharakteristik zur Erzeugung eines diffusen Schallfeldes. Dieser besitzt insgesamt zwölf Flächen, welche jeweils mit einem Lautsprecher versehen sind und eine Schallabstrahlung in unterschiedliche Richtungen ermöglichen. Solch eine Anordnung ist beispielsweise in der Bauakustik für die messtechnische Ermittlung der Schalldämm-Maße von Türen und Wänden erforderlich. Ein Dodekaeder ist also eine omnidirektionale (ungerichtete) Schallquelle, die in einem breiten Frequenzbereich eine konstante Schallleistung abstrahlt.

Der Dodekaeder – ein Lautsprechersystem mit zwölf Flächen und Lautsprechern
Mit einem Dodekaeder kann ein diffuses Schallfeld für akustische Messungen erzeugt werden
Quelle: Steffen Körper / UBA
 

Anwendungsbeispiele

Das ⁠UBA⁠ führt Geräuschmessungen nicht nur im Schallmessraum, sondern auch im Freien durch, beispielsweise an Straßen- und Schienenverkehrswegen, oder auch an Drohnen. Auch hierfür wird Präzisionsmesstechnik eingesetzt, mit welcher durch spezielle Mikrofone Geräusche in ihrer Zeit-, Frequenz- und Richtcharakteristik analysiert und bewertet werden können. Ebenso ist eine Schallquellenortung und -analyse mit akustischen Kameras möglich.

Ringförmig angeordnete Mikrofone in deren Mitte eine Drohne schwebt
Messung der Richtcharakteristik einer Drohne
Quelle: Julia Treichel / UBA
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